Weil das Feuer wieder brennt

zum Artikel Starnberger Merkur 26.01.2016

 

Herrsching/Inning

 

Der Herrschinger Werner Schopf will es noch einmal wissen und startet nach längerer Pause heuer in gleich zwei Motorrad-Rennserien.

Dieser Mann hat Benzin im Blut. Das kann man in seinen Hallen an der Inninger Salzstraße spüren. Im Geschäftsraum riecht es nach Reifengummi, in der Werkstatt nach Motoröl.

 

 

„Wenn es wackelt und du die Geschwindigkeit am ganzen Körper spürst, das ist schon ein richtig geiles Gefühl“, sagt Werner Schopf.

Ohne Helm ist der 46-jährige Herrschinger Unternehmer, Maschinenbauer, Automobiltechniker und allein erziehender Familienvater. „Wenn das Visier aber zugeht, bin ich ein anderer Mensch.“ In diesem Jahr will er es noch einmal wissen. Nach längerer Rennpause startet der Motorradpilot in der Gladius Trophy und in der Langstreckenserie RLC.

Werner Schopfs Geburtsort ist Spielberg. In der Steiermark verbringt er seine frühe Kindheit direkt am Österreichring. Der Knabe gehört zu jenen Buben, die der Eintrittskartenkontrolleur bei großen Rennen durchwinkt, damit ihnen das Lärmen der Formel-Boliden bis ins Mark fährt und Helden wie Niki Lauda begegnen. Als die Familie nach München zieht, steckt der Virus längst in Werner Schopfs Körper fest. Er beginnt mit Cartfahren, dreht in Garching seine Runden, sammelt im Clio-Cup Punkte und entwickelt eine besondere Gabe: „Ich konnte immer konstant exakte Rundenzeiten fahren und war deshalb für die Industrie interessant.“ Reifen- und Motorentests - der junge PS-Junkie wird eine Art Versuchskaninchen.

Irgendwann („Das war bei der Steirischen Staatsmeisterschaft“) wird er gefragt, ob er nicht einmal auf nur zwei Rädern Gas geben möchte. Er nimmt das Angebot an und verliebt sich in Motorräder. „Wenn du den Kopf bei höherer Geschwindigkeit aus der Verkleidung nimmst, merkst du erst richtig, was es heißt, schnell zu fahren.“ Gefahr ist immer dabei - im Sport wie privat. Als er mit 18 seinen ersten Unfall hat, sitzt ein Schutzengel auf seiner Schulter. „Ich bin bei Martinsried unter einen Betonmischer gerutscht, das war richtig knapp. Seitdem fahre ich Motorrad nur noch auf Rennstrecken, nicht mehr auf der Straße.“ Aber auch auf den Pisten lauert die Gefahr. Welche Knochen schon gebrochen waren? Werner Schopf weiß es gar nicht mehr genau. An den Crash im tschechischen Brünn erinnert er sich aber noch. Er endete mit einem offenen Schien- und Wadenbeinbruch. „Danach habe ich eigentlich mit dem Cupsport abgeschlossen.“

Es kommt anders. Nun, wo er Geschäftsführer seiner eigenen Motorsportfirma ist, packt ihn das Fieber wieder. Ausgerechnet in Inning, der Heimat des fünffachen Motorrad-Weltmeisters Toni Mang, hat er inzwischen einen ansehnlichen Kundenstamm akquiriert. Und wer nicht zum Reifenwechseln oder Autoreparieren kommt, der kann in Werner Schopfs Laden auch Pakete abholen oder abgeben. „Das mit Toni Mang ist mehr Zufall, es gibt keine Verbindung“, erzählt er. Vor etwa sechs Jahren sei er nach Herrsching gezogen und hat etwas weiter nördlich nun sein Büro. Das wird er heuer das ein oder andere Mal verlassen, um auf die Piste zurückkehren. Seine Startnummer wird wie damals die 52 sein, weil Töchterchen Ann-Marie, eine talentierte Wettkampfschwimmerin, vor zwölf Jahren um 8.52 Uhr das Licht der Welt erblickte. Im Moment bereitet sich der Papa intensiv auf die Rennsaison vor. Laufen, Schwimmen, Fitnesstraining, „die Gegend hier am Ammersee ist dafür geradezu ideal.“

Die Ziele für die neue Herausforderung? Die Performance soll stimmen. Es sei einfach ein Kitzel, mit einer leistungsschwächeren Maschine und als alter Hase den jüngeren Piloten nochmal auf die Pelle zu rücken. „Ich habe Erfahrung, die kann mir keiner nehmen. Und jetzt brennt das Feuer einfach wieder“, erzählt er mit leuchtenden Augen.

Im Logo seiner Firma cetoni motorsport, die unter anderem Fahrwerke baut und Reifen verkauft, sind im „n“ ein Strichlein, das für sein Kinnbärtchen steht, und auf dem „n“ zwei Teufelshörner zu sehen. Letztere sollen den Rennverrückten darstellen. Vor allem dann, wenn in diesem Jahr endlich wieder das Visier seines Helms schließt.

Thomas Kirmaier